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Fälschung eines Beweismittels im Schwein-Sager-Prozess
Datenforensiker kippt die Verfahrenseinstellung der Staatsanwaltschaft


Vor jetzt genau drei Jahren hat der Schweinsager seinen Schweinsager getan. Und seit damals zieht sich auch der von ihm, dem damaligen Landeshauptmann van Staa, gegen mich angestrengte Prozess dahin, in dessen Verlauf die Staatsanwaltschaft Innsbruck dem Gericht bekanntlich ein massiv verfälschtes Tondokument seiner Rede als Beweismittel vorgelegt hat.
Das Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Täter zum Nachteil des Markus Wilhelm ist von der Staatsanwaltschaft auf Grundlage eines amtlichen Gutachtens im Juni 2010 eingestellt worden.

Im erwähnten Gutachten hat nunmehr Uwe Sailer, ein allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Datensicherung, Datenrekonstruktion und Datenauswertung aus Linz, ganz erhebliche Mängel festgestellt, von der nicht korrekten Sicherung der Datei angefangen über die nicht nach forensischen Maßstäben erfolgte Untersuchung bis hin zu massiven invasiven Eingriffen in die untersuchte Datei durch den Gutachter der Staatsanwaltschaft selbst.


„Schwein“, nicht „Schweigen“

Für das von der Staatsanwaltschaft betriebene, noch gegen mich laufende Berufungsverfahren von großer Bedeutung sind überdies zwei eindeutige Klarstellungen Sailers: Wie auch schon 1. der vom Büro für Interne Angelegenheiten beauftragte Gutachter Prof. Robert Sattler (beeideter Sachverständiger des Bundesministeriums für Inneres), 2. der phonetische Gutachter Univ.-Prof. Franz Dotter vom Institut für Sprachwissenschaft und Computerlinguistik der Universität Klagenfurt und 3. der staatsanwaltliche Sachverständige Prof. Kurt Judmann kommt auch 4. der forensische Gutachter Uwe Sailer ohne jeden Zweifel zum Ergebnis, dass in van Staas Rede der Ausdruck „das Schwein“ gefallen ist:



Gutachten U. Sailer, Seite 5


Beim Audiofile REC062.WAV (oben) handelt es sich um die im Beisein von Richter und Staatsanwalt in der Verhandlung am 22.1.2010 gezogene Originalkopie der Originalaufnahme REC062.WAV. Auch eine Manipulation an der Originalaufnahme, ein von van Staa erhobener Vorwurf, den selbst die Staatsanwaltschaft irgendwann schmählich fallen lassen musste, hat laut Sailer nicht stattgefunden: „Irgendwo zwischen Internet und gebrannter CD-Rom wurde manipuliert. Ausgeschlossen werden können Manipulationen an der Quelldatei REC062.wav an der gehosteten Datei staa_fischer.mp3 und an der CD-Rom selber.“ (Sailer, Seite 26)

Der Datenforensiker tritt auch vehement dem von der Justiz verbreiteten Gerücht entgegen, eh nur eine der drei auf der Beweismittel-CD enthaltenen Schwein-Sager-Dateien sei manipuliert worden. In Wahrheit weisen die Tonspuren „in allen drei Fällen Manipulationen auf“:



Gutachten U. Sailer, Seite 23

Sailer schließt bei der erfolgten Manipulation ein Zusammenwirken technischer Faktoren mit menschlichen nicht aus. „Letztere sind an ein Ziel orientiert“, wie im vorliegenden Falle:



Gutachten U. Sailer, Seite 25



Handfeste Vorwürfe an den Gutachter der Staatsanwaltschaft

Der Datenforensiker Uwe Sailer kommt also zum Schluss, dass der von der Staatsanwaltschaft eingesetzte „Vorgutachter“ Prof. Kurt Judmann (Wien) durch seine Art der Untersuchung die alles entscheidende manipulierte BIA-Datei zerstört hat. Und zwar unwiederbringlich.

Hintergrund:

Ich hab mir das, was er exakt damit meint, von Sailer so erklären lassen:
Ein Gutachter darf die zu untersuchenden Dateien nicht verändern. Er hat den Zustand dieser Dateien so zu belassen, wie sie der User erstellt hat. Der Gutachter darf durch seine eigene Tätigkeit der Untersuchung, keine (!) eigenen Spuren in den untersuchten
Dateien und auf dem Datenträger auf dem die Dateien liegen, hinterlassen.
Die Untersuchung der Datei muss zerstörungsfrei erfolgen. Das heißt, es darf kein Eindringen in die Datei durch den Gutachter geben, also keine Invasion. Die Arbeit an der Datei muss freigehalten werden von invasiven Eingriffen.

Prof. Judmann kopierte die später zu untersuchenden Dateien von einem USB-Stick und vom Notebook des BIA-Beamten ohne Schreibschutz und ohne geeignetes Kopierprogramm. Er kopierte wie „Otto-Normalverbraucher" mit copy und paste. Alleine ein derartiger Kopiervorgang zerstört bereits alle (!) Zeitmarken einer Datei. Der Gutachter hat durch diese Art des Kopierens die Zeitmarken des Users durch seine eigenen überschrieben. Zeitmarken einer Datei sind aber elementarer Bestandteil in der Datenanalyse.

Zerstört werden folgende Angaben:
wann wurde die Datei erstellt - file created
wann wurde sie von einem User verändert - last modified
wann wurde vom User zuletzt auf die Datei zugegriffen - last accessed
wann wurde dieser Datei zuletzt etwas hinzugefügt oder weggenommen oder diese verändert - last written)

Professor Judmann untersuchte die Datei mit dem Programm „Adobe Soundboth CS4“. Dieses Programm schrieb sich in die Datei und hinterließ in der Datei Spuren. Das sind nicht Spuren des Users, das sind Spuren des Gutachters! Jedes Setzen von Spuren vernichtet zuvor gegebene Spuren unwiederbringlich!
Somit ist das nicht mehr jene Datei, die auf dem Datenträger des Users lag und der Gutachter zu untersuchen hatte. Die Datei ist durch den Gutachter zerstört worden.



Trotzdem sieht Uwe Sailer noch eine geringe Chance zum „Auffinden jener Spuren, die zur Veränderung bzw. Manipulation an der Audio-Titel.aiff führten“. Mithilfe eines „Sachverständigengutachtens auf dem Gebiet der Forensik“ könnten, wenn auch „mit Vorbehalt“ (Sailer), noch hinreichend Beweismittel gesichert werden.



Audiothek

Über Stellungnahmen von Fachleuten, insbesondere auf dem Gebiet der Datensicherung und Datenrekonstruktion, würden wir uns sehr freuen (gerne auch anonym: hier).

Wir stellen daher sämtliche relevanten und im Gutachten erwähnten Tondateien für jeden möglichen Check und Gegencheck zur Verfügung:

Unsere Originalfiles
  1. Das File, so wie es am Tag der Rede aufgenommen wurde, 1:1 kopiert vom Aufnahmegerät im Beisein von Richter und Staatsanwalt in der Verhandlung am 22.1.2010, forensisch unverändert - Originalaufnahme

  2. Das File, wie es seit dem ersten Tag der Berichterstattung bei uns auf dem Server liegt (File 1 in mp3 konvertiert und gekürzt, sonst keinerlei Veränderungen) - Originalveröffentlichung

Womit das BIA werkte
  1. Das mp3 File wie es dem BIA zur Verfügung stand (forensische Änderungen im Dateiheader, inhaltlich identisch) - BIA Beweisfile 1 mp3

  2. Das mp3 File, von dem keiner weiß, weshalb es überhaupt als „Beweismittel" eingesetzt wurde: Eine rauscharme und auch sonst noch verschlimmerte Fassung des von uns ins Internet gestellten Files - BIA Beweisfile 2 mp3

  3. Das mp3 File, von dem originellerweise keiner mehr weiss (auch nicht der Beamte, der es gebrannt hat), wer es erstellt hat (eine gedehnte „Das Schwein"-Passage ist zusätzlich einkopiert) - BIA Beweisfile 3 mp3

Was dann im Prozess eingesetzt wurde

Diese drei Tracks fanden sich auf der CD, die im Gerichtsverfahren Verwendung gefunden hat. Niemand weiss in diesem Fall, wieso ein mp3 File für ein Verfahren in ein aiff-File umgewandelt werden musste. Das erste wurde im Prozess vorgespielt, es fehlte plötzlich der nicht unerhebliche Wortteil „das" bei „das Schwein". Diese CD war Gegenstand des Ermittlungsverfahrens wegen Beweismittelfälschung, das die Staatsanwaltschaft Feldkirch im Juni dieses Jahres eingestellt hat, obwohl der von ihr bestellte „Sachverständige nicht klären konnte, welche konkreten technischen Umstände für diesen Effekt verantwortlich sind“.
  1. BIA Beweisfile 1 Audio-CD

  2. BIA Beweisfile 2 Audio-CD

  3. BIA Beweisfile 3 Audio-CD

Hinweis für Windows-Benutzer:
Die drei aiff-Files sind nicht im Windows-Media-Player, sondern mit Quicktime abzuspielen.


Verwirrt?

Ein Ablaufdiagramm zur Genesis der verschiedenen Files, vom Datenforensiker Uwe Sailer erstellt: Ablaufdiagramm

Extras

Das Bedienungshandbuch der Software Nero
Bedienungsanleitung Nero I
Bedienungsanleitung Nero II

Das Bedienungshandbuch des Aufnahmegerätes
Bedienungsanleitung Aufnahmegerät



Es geht in dieser ganzen Geschichte schon lange nicht mehr um mich. (Ich werde schon irgendwann Recht bekommen. Spätestens in Straßburg.) Die österreichische Justiz selbst steht unter Verdacht!
Kann man ihr trauen oder werden dort Beweismittel gefälscht zugunsten von Politikern?
Nur aus Schlamperei oder mit Absicht?
Hat der Gerichtsgutachter wirklich Täterspuren gelöscht statt gesichert und verfolgt?
Mutwillig oder versehentlich?

Die Augen der Öffentlichkeit sind in dieser Strafsache längst auf die Justiz selbst gerichtet. Von ihrem Verhalten wird es abhängen, wie das Urteil ausfällt, das Urteil der Gesellschaft über sie.

Der Befund des beeideten Gerichtsgutachters Uwe Sailer ist Anfang August an Staatsanwaltschaft und Oberlandesgericht weitergeleitet worden.
Vor drei Tagen ist nun von Seiten der Staatsanwaltschaft die „Benachrichtigung des Opfers" erfolgt, dass die Einstellung widerrufen und das Ermittlungsverfahren wegen § 293 gegen unbekannte Täter zum Nachteil des Markus Wilhelm fortgesetzt wird.

Das zugrundeliegende forensische Gutachten kann hier in voller Länge nachgelesen werden:
Gutachten Uwe Sailer (PDF)

Archiv: Die Schweinereien 2007 – 2010 sind allesamt hier einzusehen.


5.9.2010

Siehe dazu auch im aktuellen "Profil":





Profil, 6.9.2010 (Artikel als PDF)




Standard, 6.9.2010



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