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Stromkolonie Österreich

Als vor ein paar Jahren auch so ein Großangriff der E-Wirtschaft auf die Tiroler Hochtäler zurollte, erschien punktgenau dazu eine Ausgabe der Zeitschrift "FÖHN" zum Thema "Stromkolonie Österreich".
Auch darin wurden Hintergründe und Abgründe vor allem der Tiroler Energiepolitik beschrieben.
Wie hat der Apparat damals reagiert. Nach Schema F, d.h. Schema Fertigmachen. Der damalige Zentralbetriebsratsobmann der TIWAG und heutige Landtagspräsident Mader intervenierte beim ORF-Intendanten, schrie "Machwerk!", "Rufmord!" "Irrlehren!", schrie "Zerrbilder!" und "Pamphlet!" und führte den Aufsichtsratsbeschluß der TIWAG herbei, gegen "die von Unwahrheiten, Verzerrungen und Gehässigkeiten strotzende Darstellung" gerichtlich vorzugehen. Genau so wie es heute mit der Diskussionskultur da oben ausschaut, hat es damals auch ausgeschaut. Die TIWAG hat den FÖHN bei der Staatsanwaltschaft "wegen des Verdachtes von strafbaren Handlungen" angezeigt und zudem beim Landesgericht Innsbruck "wegen Kreditschädigung der TIWAG" angeklagt. Dem Landeshauptmann wurde von der TIWAG in einem Brief mitgeteilt: "Wir haben uns dabei bewußt auf die gravierendsten Punkte beschränkt, bei denen nahezu mit Sicherheit mit einer Verurteilung der für den "FÖHN" Verantwortlichen zu rechnen ist. (…) Darüber hinaus haben wir einen Antrag auf Einziehung des FÖHN gestellt."
Der Antrag auf Einziehung wurde abgewiesen, die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft von dieser zurückgelegt. Der Strafprozeß des Apparats gegen den FÖHN jedoch ging durch alle Instanzen und zog sich damit über eineinhalb Jahre hin. Die Text-Stelle aus dem FÖHN, die im Mittelpunkt des Gerichtsverfahrens stand und in der die TIWAG den strafbaren Tatbestand der Kreditschädigung erblickt haben wollte, bezog sich auf die damalige Kraftwerksbau-Offensive und lautete:
"Die TIWAG will bauen. In ihrem Interesse, im Interesse der ausländischen E-Konzerne, denen sie verpflichtet ist, und im Interesse bundesdeutschen Finanzkapitals. Diese Interessen versucht sie mit handfesten Lügen und mit unverhohlenen Drohungen gegen die hier lebenden Menschen und deren Bedürfnisse durchzusetzen."
In ihrer Mitarbeiterzeitschrift höhnte die TIWAG noch, der Herausgeber des FÖHN wolle "den Wahrheitsbeweis für seine Behauptungen antreten - ein Unterfangen, dem wir mit äußerster Gelassenheit und auch mit unverhohlener Neugier entgegenblicken können." Diese Neugier der Privatanklägerin konnte in vier Hauptverhandlungen, in denen, so Richter Dr. Josef Geisler, "der Beschuldigte eine Reihe von Beweisen vorgelegt hat, die tief blicken lassen", hinreichend befriedigt werden. Bezüglich zweier vom FÖHN vorgelegter Beweisstücke für die behaupteten Lügen der TIWAG befand er: "Beide Quellen deuten eindeutig auf von der Privatanklägerin geäußerte Unwahrheiten hin." Das Landesgericht, das auch in den beiden weiteren unter Anklage gestellten Textstellen aus dem FÖHN keine Kreditschädigung der TIWAG erblicken konnte, kam zum Schluß, daß der Verfasser "genauestens recherchiert" hat und fällte einen Freispruch in allen Punkten.

Die TIWAG ging jedoch in Berufung, die vor dem Oberlandesgericht in Innsbruck stattfand und klar abgewiesen wurde. Der Senat, bestehend aus drei Richtern des OLG, stellte fest, daß es sich beim FÖHN - entgegen den Unterstellungen der TIWAG - um "kein Pamphlet" handle, sondern um "einen Beitrag zu einer kritischen Meinungsbildung": "Der Angeklagte hat genügend Beweise vorgelegt", führte der Senatsvorsitzende Dr. Mahlknecht aus, und "alles untermauert". Damit war der Freispruch für den FÖHN und Markus Wilhelm als dessen Herausgeber rechtskräftig. Die TIWAG hatte die gesamten Kosten des Verfahrens zu bezahlen. Pardon: Natürlich die TIWAG-Kunden.

Der damalige TIWAG-Vorstandsdirektor Dr. Helmut Mayr: "Die Wirkung des FÖHN in der Öffentlichkeit wird von den Organen der TIWAG, nämlich Vorstand und Aufsichtsrat, so gravierend eingeschätzt, daß eine PR-Kampagne beschlossen werden mußte, um die Auswirkungen der Publikation FÖHN wieder gutzumachen. Die Kosten dieser Kampagne werden voraussichtlich mehrere Millionen Schilling betragen."

Zu guter letzt mußte sich der Vorstandsdirektor der TIWAG auch noch beim FÖHN entschuldigen:



Der Text "Stromkolonie Österreich" ist jetzt auf dieser Internetseite nachzulesen:

Foehn 10/11: Stromkolonie Österreich (pdf 250 kB [ohne Bilder])
Foehn 10/11: Stromkolonie Österreich (pdf 500 kB [niedere Bildqualität])
Foehn 10/11: Stromkolonie Österreich (pdf 10 MB [hohe Bildqualität])

27.9.2004


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